11.02.2023 Artikel von Kurt, DL4ZAG, der auch von der CQ-DL (Ausgabe 02/2023) auf Seite 64/65 unter der Rubrik FUNKBETRIEB veröffentlicht wurde.
Unsere Wegbegleiter
TR-2300 plus 40 W PA
In Anlehnung an den Artikel von Wolf-Dietmar, DK9ZY, zum TR 2200, bei dessen Lektüre viele Erinnerungen wieder lebendig wurden, möchte ich hier von meinem Kenwood TR-2300 und einem entscheidenden Zubehör berichten. Beim TR-2200, das ich damals auch besaß, stellte sich mir immer die Frage, leiste ich mir jetzt noch einen zusätzlichen Quarzsatz oder nicht. Für einen Studenten damals eine durchaus existenzielle Frage. Deshalb war das TR-2300 in meiner Wahrnehmung ein Meilenstein in der Geschichte des Relaisfunks dieser Zeit. Das Gerät besaß eine synthetische Frequenzaufbereitung mit 2 x 40 Kanälen, die über einen Drehschalter rastbar waren. Durch eine Art Vorwahlschalter standen diese Kanäle jeweils in der unteren oder oberen Bandhälfte zur Verfügung. Ein Frequenzwechsel konnte auch während der Fahrt durch Abzählen der Raststellungen vorgenommen werden. Eine Mobilhalterung, die ihren Namen auch wirklich verdiente, gab es ebenfalls als Zubehör. Diese konnte mit ein paar Blechschrauben ohne große Probleme in die meisten Autos dieser Zeit eingebaut werden. Das Gerät ließ sich mit einem Handgriff in diese Halterung einführen und ebenso schnell wieder entnehmen. Dabei wurden alle nötigen Verbindungen zum Fahrzeug hergestellt oder getrennt. Zu dem Gerät gab es eine Bedienungsanleitung, diese umfasste ein paar wenige Seiten und sie war nicht wie heute üblich so groß wie das Telefonbuch von Frankfurt, wenn es diese Anleitungen noch in Papierform gäbe.
Das TR-2300 war bei vielen Mitgliedern unseres OVs im Einsatz. So gut sich das auch alles liest, das Gerät hatte einen entscheidenden Nachteil. 1 W Output war für Mobilbetrieb einfach zu wenig. Eine fertige PA als Zubehör gab es meines Wissens nicht und entsprechende Transistoren waren noch sehr teuer oder fehleranfällig.
Es muss so in den späten 70er Jahren gewesen sein, eine Zeit in der wir im OV noch fast in Mannschaftsstärke die HAM RADIO besucht haben. Die angebotenen Geräte oder Bauteile vermittelten damals so ein Gefühl von Weihnachten mitten im Hochsommer. Man schlenderte in Gruppen durch die Reihen oder Gänge und jeder wusste irgendetwas zu berichten über das, was er gerade sah. Ich lief in einer Gruppe mit unserem damaligen OW (Heiner, ex DL3ZE). Er war ein Mann schneller Entschlüsse und auch manchmal kerniger Ansagen. Er bemerkte als erster bei einem Bauteilehändler ein Schild, auf dem sinngemäß stand, zwei VHF-Leistungstransistoren zum Bau einer 2-m-PA von 1 auf 40 W, für irgendwas zwischen 40 und 50 DM. Das war damals ein sensationeller Preis. Nach kurzem Gespräch mit dem Verkäufer wandte er sich an uns und sagte: „Wir kaufen uns jetzt alle einen Satz dieser Transistoren". Und dann sagte er zu mir: „Und du entwickelst uns daraus eine Endstufe, du hast das ja schließlich studiert". Ich war damals Mitte 20, die Anderen aus unserer Gruppe hätten alle meine Eltern sein können und so nahm ich die befehlsartig vorgetragene Anweisung hin, kaufte mir aber sicherheitshalber zwei Satz Transistoren. Wieder zu Hause angekommen begann ich Datenblätter, Fachliteratur und was mir sonst noch zu diesem Thema in die Hände kam zu studieren. Allmählich nahm die Sache in meiner Vorstellung, auf dem Papier und letztlich auch auf meinem Werktisch Formen an. Für mich war klar, Scheitern ist keine Option. Ich wollte nicht den Zorn des OWs auf mich ziehen und ich hatte ja fast 100 DM in die Forschung und Entwicklung investiert. Der Prototyp bestand aus einer beidseitig Kupfer kaschierten Leiterplatte, in die mit einer kleinen Handbohrmaschine (Tremel) von Hand Inseln gefräst wurden, um die Bauteile zu verbinden. Das umgebende Gehäuse bestand ebenfalls aus Leiterplattenmaterial in Kammerbauweise. Wahlweise konnte noch ein Vorverstärker-Modul der Firma Braun integriert werden. Wie sollte es anders sein, der OW machte mit dem Prototyp den ersten Feldversuch. Ja, mit 40 W und einem wirklich empfindlichen Empfänger macht Mobilfunk richtig Spaß. Dieser währte allerdings nicht lange. Einige Tage später bekam unser Vorsitzender einen unmissverständlichen Anruf von der Funkkontroll-Messstelle. Sein Sender mache Nebenausstrahlungen im Flugfunkbereich und er habe den Betrieb augenblicklich einzustellen, er gefährde schließlich die Luftsicherheit. Zum Glück blieb es bei einer mündlichen Verwarnung seitens der Behörden. Es kam wie es kommen musste, ich bekam einen ordentlichen Anschiss vom OW. Danach machten wir uns gemeinsam auf die Suche nach einer Lösung. Ich hatte für all das keine Erklärung. Dass es Oberwellen gibt, war klar, dafür hatte ich natürlich ein Tiefpass vorgesehen. Ausstrahlungen unterhalb der Nutzfrequenz konnte ich mir nicht erklären. OM Heiner und ich beschlossen, den Rat eines tatsächlichen Fachmanns auf diesem Gebiet einzuholen. Im Rhein-Main-Gebiet, südlich von Offenbach, gab es einen OM, ich erinnere leider den Namen nicht mehr, der im Nebenerwerb Endstufen, Konverter und Vorverstärker baute. Er bot an, sich unser Problem zumindest anzuhören. Ich hatte ihm gegenüber unser Anliegen noch nicht mal zu Ende formuliert, da kam auch schon die Erklärung. Die PA macht Huth-Kühn-Schwingungen im KW-Bereich, die sich dann mit der Nutzfrequenz mischen und Nebenlinien im Flugfunk-Bereich ergeben. Eine Veränderung der beiden Basisdrosseln beseitigte das Problem. Die PA wurde in dieser Version in unserem OV vielfach nachgebaut. Es gab keine weiteren Beanstandungen oder gar Ausfälle.
Ab Anfang der 80er Jahre war ich fast 20 Jahre Mitglied der Gruppe, die das Böllstein-Relais, DBOVB betreute. Die Umrüstung des „Röhrengrabs" auf Halbleitertechnik stand an. Was lag näher, als die Mobil-PA mit einem größeren Kühlkörper zu versehen und im Relais einzubauen? Dort lief die Endstufe ca. 15 Jahre im Dauerbetrieb ohne Ausfälle, bis zur erneuten Modernisierung der Anlage.
Sowohl das TR-2300 als auch die Mobil.PA stehen heute noch bei mir im Schrank. Gelegentlich nehme ich beide mal in die Hand und erinnere mich an diese Zeit. Es waren schöne und unbeschwerte Zeiten. Kurt Weber, DL4ZAG